Kapitel 8: Der Tanz der Schatten

Die Schattenwelt war wie eine andere Dimension – ein Ort, der zugleich faszinierend und unheimlich war. Der Boden unter Jennifers Füßen fühlte sich nicht wie Erde an, sondern wie eine Mischung aus festem Nebel und kühler Energie. Dunkle Türme ragten in den Himmel, und der Horizont war in ein tiefes Violett getaucht.

„Willkommen im Reich der Schatten,“ sagte Taron leise, seine Stimme warf ein Echo in der stillen Luft.

Jennifer konnte kaum den Blick abwenden. Die Atmosphäre war drückend, aber auch voller Magie. Sie fühlte, wie ihre Sinne sich schärften – vielleicht war es die Nähe zu diesem fremden Ort, die ihre Verwandlungskräfte stärker machte.

„Wir müssen vorsichtig sein,“ warnte Alric. „Die Schatten können hier Gestalt annehmen, und sie werden versuchen, uns in die Irre zu führen.“

Kaela nickte und hielt einen kleinen, glühenden Kristall in der Hand. „Dieser wird uns helfen, den Weg zu finden. Bleibt nah bei mir.“


Die Gruppe bewegte sich vorsichtig durch die seltsame Landschaft, die ständig zu fluktuieren schien. Manchmal sahen sie seltsame, durchscheinende Kreaturen, die lautlos vorbeizogen, wie Erinnerungen an eine längst vergangene Zeit.

Plötzlich blieb Jennifer stehen. Sie hörte ein Flüstern – ähnlich wie in der Nacht zuvor. Doch diesmal war es intensiver, eindringlicher.

„Jennifer… folge uns…“

Sie drehte sich um, doch ihre Begleiter schienen das Flüstern nicht zu hören. Stattdessen bewegte sich eine schattenhafte Gestalt am Rande ihres Sichtfelds.

„Da ist etwas!“ rief sie und deutete in die Richtung, doch als die anderen hinsahen, war die Gestalt verschwunden.

„Die Schatten versuchen, dich zu täuschen,“ sagte Taron ernst. „Bleib fokussiert.“

Jennifer nickte, doch die Stimme ließ sie nicht los.


Bald erreichten sie einen offenen Platz, in dessen Zentrum ein gewaltiger, schwarzer Spiegel stand. Er war so groß wie ein Baum und reflektierte nichts – stattdessen schien er das Licht zu verschlucken.

„Das ist ein Schattenportal,“ erklärte Kaela. „Die Schatten nutzen es, um zwischen ihrer Welt und der unseren zu reisen. Wenn wir ihre Pläne verstehen wollen, müssen wir einen Blick hineinwerfen.“

„Und was, wenn es uns verschlingt?“ fragte Jennifer mit leicht zitternder Stimme.

„Es könnte gefährlich sein,“ gab Taron zu. „Aber wir sind hier, um dich zu schützen.“

Jennifer atmete tief durch. Sie trat vor den Spiegel und streckte zögernd die Hand aus. Kaum hatte sie die kalte Oberfläche berührt, spürte sie einen Sog – und plötzlich wurde sie hineingezogen.


Jennifer fand sich in einer seltsamen Szene wieder. Sie stand auf einer weiten Ebene, und um sie herum waren Gestaltenwandler in ihren Tierformen – Pumas, Wölfe, Adler, aber auch andere, unbekannte Kreaturen. Sie kämpften verzweifelt gegen dunkle, amorphe Wesen, die wie lebendige Schatten aussahen.

„Das ist eine Erinnerung,“ erklang Kaelas Stimme neben ihr.

Jennifer drehte sich überrascht um und sah, dass die anderen bei ihr waren.

„Eine Erinnerung woran?“ fragte sie.

„An den letzten großen Krieg zwischen den Gestaltenwandlern und den Schatten,“ antwortete Taron. „Die Schatten wollten die Balance zerstören und die Welt in Chaos stürzen. Sie wurden besiegt – aber der Preis war hoch.“

Jennifer sah, wie eine mächtige Gestaltenwandlerin in der Gestalt eines Löwen gegen eine riesige Schattenkreatur kämpfte. Die Szene war so lebendig, dass sie das Gefühl hatte, den Boden unter den Pfoten der Löwin vibrieren zu spüren.

„Das war die Hüterin der Balance vor dir,“ erklärte Alric. „Sie hat ihr Leben geopfert, um die Schatten zurückzudrängen.“

Jennifer schluckte schwer. „Und jetzt wollen die Schatten zurückkommen?“

Kaela nickte. „Sie sammeln ihre Kräfte. Und sie haben dich auserwählt – entweder um die Welt zu retten oder sie zu zerstören.“

Jennifer fühlte sich plötzlich klein und überfordert. Doch als sie die Löwin sah, die mutig bis zum letzten Atemzug kämpfte, spürte sie auch einen Funken Entschlossenheit.

„Ich werde nicht zulassen, dass sie gewinnen,“ sagte sie leise.


Der Spiegel begann zu vibrieren, und die Szene um sie herum zerfiel. Die Gruppe wurde zurück in die Schattenwelt geworfen, wo sie von mehreren Kreaturen umzingelt wurden – Wesen, die aus reiner Dunkelheit zu bestehen schienen, mit leuchtenden, gelben Augen.

„Bereit machen!“ rief Taron.

Jennifer verwandelte sich sofort in ihre Raubkatzenform, während die anderen ebenfalls ihre Gestalten annahmen. Es war Zeit für ihren ersten echten Kampf in der Schattenwelt.

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