📖 Kapitel 16: Die Stille nach dem Sturm

Ein feiner Nebelschleier hing über dem Boden der Schattenwelt, als die Gruppe sich langsam aus ihrer Tiergestalt zurück in Menschengestalt wandelte – oder in dem Zustand verweilte, der sich gerade richtig anfühlte. Der Kampf um den Spiegel der Wahrheit hatte Spuren hinterlassen, aber auch etwas in ihnen geweckt: eine Klarheit, wie sie sie selten zuvor gespürt hatten.

Jennifer saß auf einem moosigen Felsen und streckte die Beine aus. Ihre Puma-Gestalt war ihr vertraut geworden, ein Schutz, aber auch ein Teil von ihr. Sie verwandelte sich nur zögerlich zurück. Kaela hingegen ruhte sich noch immer in ihrer Schneeleopardin-Gestalt aus, die Augen halb geschlossen, das Atmen ruhig.

„Irgendwas hat sich verändert, oder?“ murmelte Taro, der gedankenverloren einen kleinen Schattenkristall zwischen den Fingern drehte. Seine Rabenflügel zuckten leicht, bevor sie sich wieder in seinen Rücken zurückzogen. „Als hätten wir etwas Altes berührt. Etwas, das schon immer da war.“

„Oder etwas, das auf uns gewartet hat,“ erwiderte Elin leise. Sie war aufrecht auf einem Stein stehen geblieben, die Augen geschlossen, als würde sie die Luft prüfen.

Es war Eshan, der schließlich das Wort ergriff. Der alte Panther war wieder in Menschengestalt und wirkte ungewöhnlich nachdenklich. „Diese Welt… sie testet uns nicht nur. Sie bereitet uns vor. Die Prüfungen, die Spiegel… sie sind keine willkürlichen Aufgaben. Ich spüre, dass wir auf etwas Größeres zusteuern.“

Kael nickte, sein Blick ernst. „Vielleicht war die Schattenwelt nur der Anfang.“

Ein tiefer Laut durchdrang plötzlich die Stille – dumpf und hohl, wie das Echo eines gewaltigen Horns, das unter Wasser geblasen wurde. Alle verstummten.

Aus einer der Schattenklüfte stieg ein bläuliches Leuchten auf, das wie Nebel in die Luft stieg. Und mit ihm kam ein Gefühl: kühl, sanft, aber durchdringend.

Jennifer stand langsam auf, ihre Hand auf dem Herz. „Habt ihr das gespürt? Das war… anders.“

„Wasserenergie“, flüsterte Elin. „Und sehr alt.“

Taro trat näher an den schimmernden Spalt heran. „Glaubt ihr… das ist ein Tor? Oder ein Ruf?“

Eshan lächelte schwach. „Beides, vielleicht. Ich kenne Legenden – von einer versunkenen Stadt. Tief unter der Oberfläche, versteckt vor den Augen der Welt. Nur wer bereit ist, sein Innerstes zu wandeln, kann sie erreichen.“

„Und wie?“ fragte Kaela, mit einem Anflug von Trotz in der Stimme. „Wir sind keine Fische.“

„Noch nicht,“ antwortete Jennifer, und ein Lächeln huschte über ihr Gesicht.

Die Gruppe schwieg einen Moment, während der Nebel sich langsam lichtete und das seltsame Leuchten sich verflüchtigte – als hätte es nur auf sich aufmerksam machen wollen.

Dann sagte Kael leise: „Vielleicht ist es an der Zeit, zu lernen, wie man schwimmt.“


Ende von Kapitel 16

Bereit zum Abtauchen? Kapitel 17 führt euch in die Tiefen – mit Wasserverwandlungen, Delfinen, verborgenen Städten und vielleicht… einer Meerjungfrau 💙🐬

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