Kapitel 10: Geheimnisse der Schattenwelt
Nachdem die letzten Schatten verschwunden waren, ließ die Gruppe sich an einem sicheren Ort nieder, um durchzuatmen. Ein kleiner Hügel aus kristallinem Gestein bot ihnen Schutz, und ein sanft glühender Stein in Kaelas Händen spendete Licht.
Jennifer betrachtete ihre Krallen, die noch in ihrer Pumagestalt waren. Sie fühlte sich anders – stärker, aber auch aufgewühlter.
„Diese Welt… sie ist wie ein Spiegel unserer Ängste und Hoffnungen,“ murmelte sie.
„Genau das ist sie,“ antwortete Kaela und setzte sich neben sie. „Die Schattenwelt existiert, weil wir sie erschaffen haben. Unsere Unsicherheiten, unsere Fehler – all das nährt sie. Aber auch unser Mut und unsere Stärke können hier Wurzeln schlagen.“
Jennifer nickte nachdenklich. „Und was, wenn ich versage? Was, wenn die Schatten zu stark sind?“
Taron, der als Mensch an einen Felsen gelehnt saß, antwortete mit ruhiger Stimme: „Dann kämpfen wir an deiner Seite. Du bist nicht allein, Jennifer.“
Nach einer kurzen Pause wandte sich Alric, der wieder in seiner menschlichen Gestalt war, an die Gruppe. „Wir müssen herausfinden, warum die Schatten stärker werden. Der Angriff vorhin war nur ein Test. Sie wissen, dass wir hier sind.“
„Vielleicht hat es etwas mit diesem Portal zu tun,“ überlegte Kaela. „Es muss einen Grund geben, warum sie es verteidigt haben.“
Jennifer stand auf und betrachtete den schwarzen Spiegel aus der Ferne. „Wenn sie etwas verstecken wollen, dann müssen wir es finden.“
Die Gruppe näherte sich erneut dem Portal. Jennifer spürte ein leichtes Ziehen, als ob sie es berühren sollte, doch sie hielt sich zurück. Kaela untersuchte die Basis des Spiegels und entdeckte schließlich eine kleine Gravur – seltsame Symbole, die in den Stein eingemeißelt waren.
„Das ist eine alte Sprache der Gestaltenwandler,“ sagte sie und strich mit den Fingern darüber. „Es ist ein Rätsel.“
Jennifer kniete sich daneben. „Was steht da?“
Kaela runzelte die Stirn. „‚Nur der, der Balance in sich trägt, kann den Weg öffnen.‘“
Jennifer spürte, wie alle Blicke auf sie gerichtet waren.
„Das bin wohl ich,“ sagte sie nervös.
Taron legte ihr beruhigend die Hand auf die Schulter. „Du schaffst das.“
Jennifer trat näher an den Spiegel und schloss die Augen. Sie spürte das Gleichgewicht zwischen ihrer Adler- und Pumagestalt, zwischen Freiheit und Stärke, zwischen Himmel und Erde. Eine Wärme breitete sich in ihr aus, als sie die Essenz beider Verwandlungen in sich vereinte.
Als sie ihre Augen öffnete, strahlten sie wieder golden. Der Spiegel begann zu leuchten, und die Gravur auf dem Sockel schimmerte in einem sanften Blau.
„Es funktioniert,“ flüsterte Kaela.
Der Spiegel öffnete sich wie ein Portal, und dahinter lag eine dunkle, endlose Höhle, die von leuchtenden Linien durchzogen war.
„Das ist der Ursprung,“ sagte Taron ernst. „Hier beginnen die Schatten – und hier können wir sie vielleicht stoppen.“
Jennifer nickte, auch wenn ihre Hände leicht zitterten. Sie wusste, dass sie keine Wahl hatten. Gemeinsam traten sie in die unbekannte Tiefe.